Für die deutsche Kletterelite war es der erste Wettkampf nach fast zwei Jahren, bei dem wieder Zuschauer zugelassen waren: Bei der Deutschen Meisterschaft im Lead trafen sich am vergangenen Wochenende die besten Damen und Herren im Landesleistungszentrum Augsburg, um die Meisterinnen und Meister zu ermitteln. Vor allem die Tatsache, endlich wieder vor Zuschauern klettern zu dürfen, freute die insgesamt 31 Damen und 40 Herren, die sich zuvor entweder über die Regionalmeisterschaften oder den Nationalkaderstatus für die Deutsche Meisterschaft qualifiziert hatten. Auf die Starterinnen und Starter wartete ein harter Tag in Augsburg: Zuerst galt es, zwei Qualifikationsrouten zu klettern, aus dem die besten 26 für das Halbfinale ermittelt wurden. Hier qualifizierten sich wiederum die besten Acht für das Finale am Abend, bei dem frenetisch anfeuernde Zuschauer und eine stimmungsvolle Lightshow auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer warteten.
Für unsere Sektion gingen mit Martina Demmel und Philipp Martin zwei Kletterer in Augsburg an den Start. Der Deutsche Meister von 2020, Christoph Hanke, der wie Demmel 2021 zu unserer Sektion gewechselt war, musste seinen Start leider einen Tag vor dem Wettkampf verletzungsbedingt absagen. Besonders bitter für den Deutschen Leadmeister von 2020, der sich zuletzt in blendender Verfassung befunden hatte.
Nach seinem Vizeweltmeistertitel im Combined bei der WM in Moskau vor zwei Wochen ging auch Philipp Martin als einer der Mitfavoriten in Augsburg an den Start. Nach zwei soliden Qualifikationsergebnissen rutschte Martin im Halbfinale gerade noch auf Platz acht ins Finale. Dort musste er als erster Starter an die Wand und legte gleich eine ordentliche Höhe vor, die nur noch von einem Finalisten überklettert werden konnte: Yannick Flohé aus Aachen kam noch einen Griff weiter und sicherte sich damit knapp den Meistertitel. Auf Rang zwei schob sich überraschend noch der Süddeutsche Meister Michael Ulrich (DAV Memmingen), der zwar die gleiche Höhe wie Martin erreicht hatte, aber aufgrund des besseren Halbfinalergebnisses vor Martin gewertet wurde.
Bei den Damen gehörte Martina Demmel nach dem Vizemeistertitel im Vorjahr und drei Weltcup-Halbfinaleinzügen in diesem Jahr ebenfalls zu den Topfavoritinnen. Die 19-jährige aus Bobingen, die erst seit vier Jahren klettert, hatte zudem im Frühjahr mit schwersten Felsbegehungen international auf sich aufmerksam gemacht. Martina gehörte sowohl in der Qualifikation als auch im Halbfinale immer zu den drei stärksten Damen und ließ auch im Finale nichts anbrennen: In der extrem schwierigen und athletischen Route kam sie am besten zurecht und sicherte sich den Titel knapp vor Lokalmatadorin Sandra Hopfensitz (DAV Augsburg) und Lucie Molitor (Zweibrücken). Sowohl Hopfensitz als auch Molitor hatte man für das Podium eigentlich vorher nicht wirklich auf der Rechnung gehabt - die weiteren Favoritinnen Hannah Meul (DAV Rheinland-Köln), Lucia Dörffel (Chemnitz) und Roxana Wienand (Aschaffenburg) hatten aber unerwartet Schwierigkeiten mit der Finalroute. Martina Demmel belohnte sich mit ihrem ersten Meistertitel für eine sehr erfolgreiche Saison, die ihr aufgezeigt haben dürfte, wo die sportliche Reise bei ihr noch hingehen kann. In ihrer ersten vollen Weltcupsaison kletterte sie international auf Anhieb auf Platz 15 – und das trotz ihrer im Vergleich zu den Mitkonkurrentinnen fehlenden Wettkampferfahrung. Für Martina wird im kommenden Jahr die entscheidende Frage sein, ob sie sich noch stärker auf das Wettkampfklettern fokussieren und dafür ihre ausgewiesene Leidenschaft Felsklettern etwas hintenanstellen will. Die bevorstehende Winterpause der Wettkampfkletterer sollte ihr nun aber genug Zeit geben, um sich über die Ziele der kommenden Saison Gedanken zu machen.
Wir gratulieren Martina & Philipp ganz herzlich zu diesem Erfolg!
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(c) Fotos: DAV/Marco Kost